Griechenland

Fahrrad Kilometer: 983 Kilometer

Tiefster Canyon
Der Umweg, der in Albanien (Sarande) bereits begonnen hat, führt mich weiter nach Griechenland in die schöne Bergwelt. In Kalpaki hebe ich ein paar Euros vom Sparschweinchen ab und kaufe für die nächsten zwei Tage ein. Nach einem Einkauf ist meine Reisegefährtin logischerweise schwerer als vorher. Ich merke es noch mehr, da es wenig später über einen kleinen, aber steilen Pass geht. Das Tal, welches sich ab der Passhöhe einige Kilometer kreuz und quer in verschiedene Richtungen verläuft, entschädigt wieder mal die Strapazen. Auch hier wieder eine ganze Horde von Hunden, die mich attakieren. Ich hasse griechische Hunde!! Der Grössere von der Gruppe kommt immer näher, bellt und fletscht seine Zähne. Ich schreie sie an, sie sollen abhauen, klinke mit dem linken Fuss aus den Pedalen und kicke in Richtung seiner Schnauze, siehe da, ein Volltreffer! Einen Zweiten lenkt ihn ein wenig ab. Die anderen Hunde kommen mir zu nahe, so steige ich fluchend ab und schreie sie an. Noch mehr schreie ich in Richtung des Schafhirtens, der kurz davor in seine Hütte verschwand, denkt wahrscheinlich, ach, nur ein Tourist. Alle Schandwörter rufe ich ihm hinterher.
Tja, liebe Freunde, so geht es nun mal zu und her auf den ausländischen Strassen. Ich widme mich wieder der schönen Natur zu und verdrücke die letzten Meter nach Monodendri. Dies ist der Ausgangspunkt, um zum tiefsten Canyon der Welt, den Vikos Canyon in den Pindus Bergen, zu spazieren. Durch ein griechisches Dorf, stolpere ich über einen komisch gepflastertem Weg zum Klösterle. Dahinter erstreckt sich der imposante Canyon. Seit 1997 findet man ihn im Buch der Rekorde. Er ist neunhundert Meter tief und die breiteste Stelle ist nur eintausendeinhundert Meter breit. Ich habe noch nicht genug und finde einen adrenalin-kickenden Weg, auf dem die Hirten früher ihre Schafherden auf einen in die senkrechte Wand gemeiselten Weg, vor den Feinden in Sicherheit gebracht haben. Ich bin schon in mehreren senkrechten Wänden geklettert oder über Kämme balanciert, bei denes es links und rechts bis zu eintausend Meter ins Leere geht, doch auf diesem Weg wird es sogar mir ein bisschen schwindlig. Am Ende des Weges ein gigantischer Blick! Ich kann mich kaum satt sehen, doch mein hungrigen Magen drängt mich zur Umkehr.

Schnellster Weg nach Süden
Der Weg runter auf Meereshöhe und weiter nach Kalamata möchte ich so schnell wie möglich hinter mir haben. Meine Beine meckern zwar, aber ohne Ruhetag sollte ich es schaffen. Auch weil ich die Strecke vor Patras bis zur Abzweigung zur Insel Zakynthos schon vom letzten Jahr kenne. Einer der Höhepunkte ist, als ich bei den Quellen von Louros für das Mittagessen Halt mache. Gemütlich sitze ich in der Wiese, esse meine Brötchen und vor mir im See blubbert es ununterbrochen. Noch nie habe ich eine Quelle direkt in einem See gesehen, sieht recht amüsant aus.
Abseits der National Strasse ist es ruhig. Ein wohliger Duft kommt von den Orangen- und Olivenplantagen. Vor einem Baum stelle ich mein Velo auf den Ständer und pflücke so viele Orangen, wie das Tempo-Sport Leibchen Platz hat. Die gestohlenen Orangen schmecken komischerweise viel besser, als die gekauften. Nach vielen Dusch-Sessions mit dem Base Camp Pro Wassersack erfrische ich mich wieder einmal im saukalten Fluss Arachthos.
Zurück zum Highway drängt mich ein Autofahrer ab. Gut spricht er kein Englisch, und versteht meine Gesten so, wie ich denn hier weiter komme. Er eskortiert mich über Schleichwege zur Schnellstrasse, bietet mir noch nen Kaffee an.
Der nächste Übernachtungsplatz wird einer der Schönsten werden. Das Dorf Mesolongi lebt vom Fischfang. Ein vier Kilometer langer Arm führt an vielen Fischzuchten vorbei hinaus aufs Meer. Am Ende dessen stelle ich mein Mountain-Equipment Zelt auf und hänge den Base Camp Pro Wassersack auf, um mich frisch zu machen für das Abendessen mit dem leicht zu bedienenden Polaris Optifuel Kocher.

Kalamata
Endlich habe ich die lange Querung durch Griechenland hinter mir. Ich geniesse wieder mal ein Warmshower Plätzchen in einer super netten Familie. Der Ehemann arbeitet bei Greenpeace. Er war auch mit dabei an den Gerichtsverhandlungen in Russland, als es darum ging, dreissig Greenpeacler von ihrer Freiheit zu bewahren (darunter auch ein Schweizer. Russland und USA/Kanada wollten im arktischen Meer nach Öl bohren.). Ich staune nicht schlecht, als seine Ehefrau mir glücklich erklärt, dass nicht sein Einkommen, sondern ihr Einkommen das Haupteinkommen der ganzen Familie ist. Das Erstaunliche dabei ist, dass sie Geld verdient nur mit den Werbungen auf ihrer Website, die das grösste Web-Kochbuch von ganz Griechenland enthält. Pro Tag haben sie gegen die hundertfünfzigtausend Besucher, um die Weihnachts- und Osterzeit gar um die zweihundertfünfzigtausend!!
An meinem Ruhetag sehe ich mir Kalamata aus der Luft an. Gestartet wird auf mehr als achthundert Meter über Meer. Von Anfang an, hat man eine grandiose Sicht auf die ganze Stadt Kalamata, die umliegenden Dörfer, Hügeln und das türkisfarbende Meer.
Doch nicht die Stadt ist das Magnet vieler Touristen, sondern die kleinen Dörfer, wie Kardamily und Stoupa, die etwa vierzig Kilometer südlich von Kalamata entfernt liegen. Ein Engländer begleitet mich auf seinem Rennrad bis zur Passhöhe und meint, es sehe immer noch gleich aus, wie vor zwanzig Jahren. Es herrscht also kein Massentourismus. Er trainiert für die Rad-Weltmeisterschaften der Senioren in Perth, Australien. Nach einer Wassermelone zieht es mich weiter auf einem schön gelegenen Radweg entlang des Meeres nach Agios Nikolaos. Mein Freund empfiehlt mir das beste Brot Griechenlands in dieser Bäckerei zu probieren. Zwar finde ich die Bäckerei, aber die verkauft kein einziges Brot, nur Süsswaren.
Das Manigebiet umfasst das ganze Gebiet auf dem Mittelfinger von Süd Peloponnes. Seit der Jungsteinzeit (vor ca. 12’000 Jahren) ist die Mani nachweislich bevölkert.
Das Faszinierendste an der Geschichte der Manis, ist die Blutrache:

Ein sehr langes und grausames Kapitel der maniatischen Kultur befasst sich mit der Blutrache. Jahrhundertelang wurde die gesamte Mani von Morden und Blutrachefehden durchzogen. Dabei ging es meistens um Land- und Einflussgewinn. Oftmals wurden aber auch persönliche Zwiste zwischen verfeindeten Familienclans durch die Vendetta gelöst.
Der Ablauf war klar strukturiert. Die Mitglieder des Clans versammelten sich und erklärten der feindlichen Familie, meistens durch ein einfaches Glockengeläute der örtlichen Kirche, den Krieg. Das Ziel der Fehde bestand darin, so viele Mitglieder des feindlichen Clans umzubringen wie möglich. Frauen und Kinder durften nicht erschossen werden, dienten jedoch als Nachschublieferanten für Munition und Verpflegung. Die Männer verschanzten sich in den hohen Wohn- und Wehrtürmen, aus denen sie mit Hilfe von Pistolen, Gewehren und Kanonen versuchten, ihre Feinde auszurotten. Benötigte eine Seite eine sog. Treva (gr. Auszeit), z.B. für Beerdigungen oder die Ernte, so wurde eine Feuerpause ausgehandelt. Die Fehden endeten erst dann, wenn der feindliche Clan ausgelöscht war oder die Stadt verlassen hatte.
Manche Blutrachefehden dauerten jahrelang und endeten oftmals mit mehreren hundert Toten. Durchschnittlich brachten es manche Clans auf bis zu 500 bewaffnete Männer, welche von ihren Müttern nicht Sohn, sondern Oplo (gr. Gewehr) genannt wurden. Die nachweislich längste Fehde fand in Vathia zwischen vier Familien statt. Sie dauerte über 40 Jahre und forderte mehr als 200 Opfer.

Ein schönes Ziel muss hart erarbeitet werden. Früher habe ich gedacht, die Strassen an den Küsten sind flach, aber oh Graus! Davon kann man nur in Australien träumen.
Hier in Griechenland ist es eine Tortur. Sobald man einen Pass überwunden hat, sieht man schon den nächsten Anstieg. Trotz allem wird man von einer wunderschönen Landschaft belohnt. Ich meinte immer da vorne müsste der südlichste Punkt sein, doch nach der nächsten Kurve sieht alles wieder anders aus. Wenn es keine Mitautos geben würde, wären die Strassen leer. Auch ein Motor unter ihren Hintern macht sie nicht schneller, denn ich sehe die gleichen Gesichter bis zu viermal. Auf einem schönen Wanderweg hüpfe ich auf einem Stein zum nächsten, bis ich vor dem Leuchtturm stehe, der die Schiffe warnt, nicht auf den südlichsten Punkt Europas auf zu laufen.

Insel Hüpfen
Da ich Istanbul ausgelassen habe, muss ich über mehrere Inseln im Mittelmeer zur Türkei hüpfen. Ich habe diesen aussergewöhnlichen Weg eingeschlagen, nicht nur wegen den lieben Sprengstoff-Gürtel-Trägern in Istanbul, sondern weil ich auf dieser neuen Route viel mehr sehe.
Die erste Fähre trägt mich von Gythio nach Kissamos auf der Touristen Insel Kreta. Auf dieser Insel muss ich mehr als hundertachtzig Kilometer abspulen in nur einem Tag und vier Stunden (von Tagesanbruch aus gerechnet). Ansonsten hätte ich mehr als eine Woche auf dieser von Touristen überfluteten Insel ausharren müssen. Ich bin in Eile, wegen mehreren Gründen, die ich hier nicht weiter erläutern will, wegen lieben Menschen in Trauer. Nach einem Grosseinkauf und einer wohltuenden Dusche mit dem Base Camp Pro Wassersack hinter Bussen, fahre ich in die sehr grosse und stinkende Garage der 2. Autofähre ein. Auf der Fahrt zwischen Heraklion und Rhodos lerne ich zwei interessante Menschen kennen. Die eine kommt von Paris und marschiert in sieben Tagen mit ihren Freunden über die Insel Karpathos. Ein Motorradfahrer verbringt den Sommer seit vier Jahren auf der schon genannten Insel, arbeitet als Touristenführer und gibt mir wertvolle Tipps über den Iran, mein lieblings-von-mir-liegendem Land.
Rhodos… kommt mir bekannt vor. War ich da schon mal oder nicht? Ich grüble und grüble… Mir fallen erst die Schuppen von den Augen, als ich mit dem Fahrrad in den Yachthafen rolle und die hüpfenden Hirschen auf den Sockeln, die links und rechts bei der Hafeneinfahrt stehen, sehe. Vor etwa neun Jahren lud mich ein guter Arbeitskollege zu einem Segeltörn zwischen Marmaris und Finike ein.
Es gibt tatsächlich Mondmenschen (Menschen, die auf dem Mond leben). Der nächste Warmshower dachte, er habe die Idee des Jahrhunderts erfunden. Der Bulgare wollte mit seiner ukrainischen Frau mit der Fähre nach Kreta, um ihren Urlaub dort zu verbringen. Da es viel zu teuer ist mit dem Auto zu reisen (return 180 Euro), überlegte er sich mit dem Fahrrad zu reisen. Als Fahrradtaschen benutzt er seine alten nicht-wasserdichten Taschen, die er zum Einkaufen braucht. Zusätzlich einen unbequemen Rucksack.
Seiner Frau und ihm gefiel diese Art des Reisens so sehr, dass sie, sobald sie wieder zu Hause waren, nach besseren Taschen auf dem Internet stöberten. Zusätzlich dachten sie, sie seien die ersten Erdmännchen, die so herum reisen, das war vor zwei Jahren (2014). Er staunte nicht schlecht, was Ortlieb alles zu bieten hat und dass es tausende von Leuten gibt, die kleine bis sehr grosse Touren auf dem ganzen Erdball unternehmen. Ich sage ihm nur: „es tut mir leid, aber…“ und ich lachte ihn förmlich aus. Neugierig werde ich, als er mir erzählt, dass er erst mit siebenunddreissig Jahren anfing zu arbeiten. Früher verdiente er seine Brötchen mit Bilder malen, die er im Sommer an Touristen verkaufte. Erst dann wollte er auf einmal richtig arbeiten. So arbeitet er nun in zwei Schichten mit seiner Frau in einer Mietauto Firma. Ob er denn die harte Arbeit mag? Er meint, er gehe zur Arbeit, um sich aus zu ruhen.

Ich verlasse in Kürze das letzte Land von Europa und begebe mich nach Asien, genauer gesagt Kleinasien, der Türkei. Endlich lasse ich Europa hinter mir und begebe mich in eine von uns fremde Welt.

Das schönste bereiste Land in Europa war Norwegen, speziell die Lofoten, die Hurtigruten Schifffahrt und das Nordkap. Gefolgt von der Slovakei und schliesslich Rumänien.
Das Land mit den freundlichsten Leuten ist, sage und schreibe, Albanien.
Das Land mit den grässlichsten, schlimmsten Strassen ist Albanien.
Das Land mit den modernsten, schönsten Strassen ist Griechenland, noch besser als in der Schweiz!
Das Land mit dem besten Essen ist Rumänien, weil ich dort viele, verschiedene Köstlichkeiten ausprobieren durfte.
Das Land mit den schönsten Frauen… schwer zu sagen :-)
Das Land mit der interessantesten Kultur sind die Balkan Staaten.
Das Land mit den unfreundlichsten/nicht offenen Leuten ist Bulgarien, gefolgt von Griechenland. (Economy Krise)
Am kältesten war es in Norwegen.
Am wärmsten war es in der Slovakei.
Am meisten Regen hatte ich in Griechenland
Am meisten steile Hügel hat es in Griechenland.
Das coupierteste Land ist Griechenland.
So fällt Griechenland auf letzter Stelle meiner Lieblingsländer.

Weitere Statistiken siehe auf meiner Website.

Euer lieber Stephan ;-)